Endlich Licht und Luft

Zu meinem Geburtstag schenkte mir meine Tochter ein Schächtelchen mit fünfzig Karten. Karma-Kärtchen – “Achtsamkeit für Dich”. Ich legte diese Schachtel auf meinen Schreibtisch für einen ruhigen Moment, um dann darin herumzustöbern.

Nun, eigentlich habe ich jetzt keinen ruhigen Moment, dennoch griff ich nach dieser Schachtel, zupfte ein Kärtchen und las:

Ich dachte an den gestrigen Morgen und musste lächeln.

Die durchgelegene Matratze in diesem Hotelzimmer mit dem Charme der Siebziger quälte meinen Rücken. Unausgeschlafen tappste ich die Treppen nach unten. Noch immer lag der kalte Küchengeruch des Restaurants vom Vorabend in den verwinkelten Gängen. Meine Füße trugen mich durch die dunklen Gänge und Räume, die einem Fuchsbau gleichen, zum minimalistischen Frühstücksbuffet in den Anbau mit großen Fenstern. Endlich Licht! Aus billigen, altmodischen Lautsprechern krächzten Fußballergebnisse, abgelöst von irgendwelchen Oldies eines regionalen Radiosenders. Die diensthabende Chefin schlürft müde, schlecht frisiert und nachlässig gekleidet durch den Raum. Sie bringt den Kaffee zu den frischen Brötchen.

Ganz gleich, wohin mein Auge schaut, alles in diesem Hotel ist verbraucht, abgewetzt, krumm und schief. Ich gehe in die dunkle Kneipe, um die Rechnung der letzten zwei Tage zu begleichen und ärgere mich ein wenig, weil das Preis-Leistungs-Verhältnis unstimmig ist. Der klobige Messinganhänger mit eingestanzter Nummer einundzwanzig liegt nun mit dem Zimmerschlüssel zwischen den Büchern und sonstigem auf dem Tresen und ich weiß, dass ich dieses Hotel kein zweites Mal buchen werde.

Tief sauge ich die frische kühle Luft des Morgens ein, steige ins  Auto und wir entscheiden uns, nicht sofort in Richtung Autobahn, sondern die wenigen Meter zum Hafen am Rhein zu fahren, um ein paar Meter zu gehen.

Die frische Brise, die im Hafen lag, die Sonnenstrahlen, die sich durch die Wolken kämpften und sich im Wasser brachen sowie die Ruhe, die uns empfing; es tat so gut.

                                   

Es war wie ein Befreiungsschlag aus dem dunklen und ermüdenden Ambiente dieses verbrauchten Hotels, das mir die Energie abzusaugen schien. 

Das Bild machte ich mitten in der Nacht, etwas müde, als ich ins Hotelzimmer zurückkehrte.

Das erste Karma-Kärtchen, das ich zupfte …

“Wenn die Welt Dich überrumpelt, atme einfach die frische Luft ein, koste die Stille aus …”

Das ist wohl wahr. Der kurze Spaziergang stimmte mich tatsächlich versöhnlich. Letztendlich habe ich keine Ahnung, was die Gründe sind, weshalb dieses Hotel so ist, wie es ist. Ich kenne nicht die Menschen, die dort beschäftigt sind und ich sollte nicht so hart urteilen, rüge ich mich ein wenig selbst.

In diesem Sinne: Genießt täglich ein paar Minuten an der frischen Luft. Ich habe mir vorgenommen, das zu tun 😉

Einen guten Wochenanfang wünscht Euch

Eure Petra Kolossa.