Grundieren für Neues

Es hat etwas Magisches, ein unbeschriebenes Blatt, eine frische Leinwand oder wie in diesem Fall das Tablett, das ich mit Gesso grundierte, um im nächsten Schritt Farbe ins Spiel zu bringen. Es entsteht also nebenbei ein neues Produkt für meine Serie “homepART”.

Und so oft würde ich zu gern über manche Dinge einfach Gesso geben, den Murks grundieren und upcyceln, der uns tagtäglich um die Ohren fliegt. Erst neulich gab es einen Aufruf zu einem Blogbeitrag. “Was würdest Du als erstes tun, wenn Du einen Tag die politische Führung Deines Landes hättest?”

Ich frage Dich. Was würdest Du tun? Schreibe es doch einfach unten in das Kommentarfeld.

Ganz sinnbildlich: Ich würde einen Tankwagen gefüllt mit Gesso besorgen und an alle, die das so sehen, wie ich, riesengroße Pinsel verteilen und die derzeitige ideologiegetriebene, despotisch agierende zusammengewürfelte Minderheitsregierung grundieren. Eine weiße, reine Fläche steht danach bereit für einen Neubeginn. Lasst uns kräftig in die Farben greifen und Kompetenz, Weisheit, Klugheit, Empathie, Weitsicht, Leidenschaft, Einfühlungsvermögen, Verantwortungsgefühl, Liebe für das eigene Land, ein Herz für die hier lebenden Menschen und so weiter und so fort … auftragen. Wäre das nicht ein großartiges Upcycling?

Jedoch werde ich zunächst in die Acrylfarben greifen und eine Menge Herz sowie Lebensfreude für Euch beimischen 🙂

Einen erholsamen Sonntag wünscht Euch,

Eure Petra Kolossa.

Im Alten liegt Neues – sagt man

Mich umfängt milde, weiche, lauwarme Luft, als ich die Autoscheiben nach unten lasse. Ich hatte mich auf dieser kleinen Insel total verfranst und frage den jungen Mann auf seinem alten Traktor nach dem Weg. Er erklärt ihn mir. Ich schaue ihn ungläubig an. Er muss lachen und sagt: ” Fahren sie einfach hier über den Feldweg, vorn rechts und dann sind sie schon da.” Ich musste lächeln und nahm dankend den unoffiziellen Weg.

Ich bog in die ruhige Straße ein, die direkt zum Bodensee führte und an einem Steg endete. Mein Fuß trat instinktiv auf die Bremse und ich genoss den Augenblick. Nichts Spektakuläres, es war die Ruhe, das Ungeschminkte dieses Ortes.

Ich stieß zurück und suchte nach der Hausnummer. Nur wenige Meter weiter entdeckte ich das Haus. Parkte mein Auto, stieg aus, drückte die Autotür behutsam zu und ging wie benebelt auf dieses Gebäude zu. Ich glaubte den Duft von Annayake wahrzunehmen, den ich vor zwanzig Jahren trug. Meine Gesprächspartnerin für dieses Interview soll in diesem Haus wohnen. Ich weiß es nicht, in welcher Etage. Meine Schritte führen mich wie selbstverständlich auf die ebenerdige Wohnung zu. Ich bin verwirrt. Mein Herz schlägt heftig. Ich fühle, wie ich meinen Schlüssel aus der Jacke ziehen will, um diese Tür aufzuschließen.

Wie ist das nur möglich? Ein Deja-vue, über siebenhundert Kilometer entfernt und zwei Jahrzehnte zurück. Ein Ort der Geborgenheit im Windschatten des schützenden Dammes der nahen Elbe. Ich fühle die Wiesenblumen in meinen Händen, die ich auf dem Rückweg nach Hause pflückte, ich spüre die nasse Schnauze meines schwarzen wilden Ginos an der Wade. Ich höre Norah Jones. CDs, die mir Freunde schenkten. Musik, die ich damals so liebte. Ich zog die Vorhänge beiseite, öffnete die Terrassentür und genoss den Feierabend mit einer heißen Tasse Kaffee in den Händen auf meiner kleinen Terrasse.

Nein! Es ist nicht real. Es ist total verrückt! Ich stehe hier vor einer fremden Wohnung, die der damaligen in der ich eine Zeitlang lebte so sehr ähnlich ist. Damals ging ich zur Elbe. Hier  ist es der Weg an den Bodensee. Wasser! Ich liebe die Nähe zum Wasser.

Ich trete ein paar Schritte zurück und suche den Namen auf den Klingeln. Boah! Ich stand bereits vor der richtigen Tür. Es ist genau diese. Ich klingele. Mir wird nicht geöffnet. Wirklich schade. Ich schreibe eine Karte mit der Bitte um Kontaktaufnahme und stecke sie in den Briefkasten.

Es sollten ein paar Wochen vergehen, als mich ein Anruf der Frau erreichte, die ich damals interviewen wollte. Wir vereinbarten einen Termin. Nicht an diesem Ort, sondern in einer anderen Stadt.

Ich traf auf einen besonderen, facettenreichen, kreativen Menschen. Rika Marie Engst. Eine wunderbare Autorin, Fotografin mit etlichen weiteren kreativen Talenten.

Inzwischen haben wir regelmäßigen Kontakt. Ich bat sie, sie für meinen Podcast “Hör-Cafè” interviewen zu dürfen. Sie war sofort einverstanden. Und so werden wir das noch bis zum Jahresende tun. Deshalb möchte ich heute nicht weiter vorgreifen.

Für meinen heutigen Blogbeitrag sandte mir Rika Marie ein paar kurze Texte, also ein kleiner Vorgeschmack für Euch. – Und eines kennt sie noch nicht. Die Vorgeschichte, die ich oben beschrieb. Umso mehr musste ich lächeln, als ich die Texte las, weil sie so treffend sind.

“Mit Altem abzuschließen, kann genauso weh tun, wie darin zu verharren. Irgendwann … durchflutet von Glück und Freude spürst du in dir die Kraft des Neuen. Jedes Ende birgt in sich den Keim zum Neubeginn. Ewiger Kreislauf des Lebens.” (RikaMarie)

Diesen Prozess durchlebte ich so oft und und manches Mal denke ich, zu oft. Es gibt Momente, in denen ich nur eins will: Endlich angekommen zu sein. Werden wir es jemals sein?

Herzlich, Eure Petra Kolossa.