Mal fix reservieren

„Lasst uns schnell einen Tisch reservieren.“, sagt sie und ergänzt: „Es ist Sonntag und es könnte im Zschopautal bei diesem schönen Wetter schwierig werden, einen Platz zu bekommen.“

Die alte Dame greift zum klassischen Telefon und tippt die Nummer der Gaststätte in die Tastatur. Es klingelt laut. Sie hält das Gerät wie ein Mikrofon, denn es steht gewohnheitsgemäß auf „laut“.

Es meldet sich die Gaststätte und sie trägt ihre Bitte vor.

„Ja, guten Tag. Ich möchte für heute dreizehn Uhr einen Tisch für vier Personen reservieren.
„Das geht nicht. Da müssen sie lange warten. Wir sind voll.“
„Oh, na gut. Wie ist es um halb eins?“, fragt sie.
„Geht auch nicht. Ist genauso.“
„Hm, und wenn wir um zwölf kommen?“
„Ja, warten sie. Ich sehe nach. Naja, das kriegen wir irgendwie hin.“
„Ach, warten sie mal.“, unterbricht die alte Dame. „Sie sagten doch, wir müssten lange warten, wenn wir um dreizehn Uhr kommen. Wissen sie, das ist nicht schlimm. Wir haben Zeit. Wir nehmen einen Tisch um dreizehn Uhr.“
„Das geht nicht.“, kommt es prompt. „Da kann es sein, dass wir kein Essen mehr haben.“, so die Person am anderen Ende des Telefons.
„Ach so, naja, dann kommen wir eben um zwölf.“ …

Wieviel Geduld in dieser Frau steckt, denke ich.

Wie wäre meine Reaktion gewesen? Ihr ahnt es.
Ich hätte gedacht: „Verklapsen kann ich mich allein.“
Gesagt hätte ich: „Dankeschön, ich werde in einem anderen Restaurant einen Tisch für uns reservieren lassen.“
Tschüss und gut.

Es ist immer das Gleiche, was mich in solchen Situationen bewegt.

Ich sehe den Besuch in einer Gaststätte als etwas Besonderes. Meine Küche bleibt geschlossen. Ich lasse mich verwöhnen.
In einer schönen Atmosphäre kann ich von einer Karte ein Gericht auswählen, auf das ich Appetit habe. Ich werde verwöhnt von super nettem Personal im Service und der Küche, von Menschen, die ihren Job als das verstehen, was er ist. Eine Dienstleistung, die sie gern und von Herzen geben.
Ich kann meinen Körper und Geist für ein paar Stunden auftanken und es mir richtig gut gehen lassen …

Ein Mittagessen für vier Personen bringt einer Gaststätte mit durchschnittlichem Niveau einen Umsatz von ungefähr einhundertzwanzig bis einhundertfünfzig Euro.
Wie viele Stunden habe ich zuvor mit meiner Arbeitsleistung an einer anderen Stelle meine Kraft investiert, um diese Rechnung begleichen zu können?
Wenn ich also eine Gaststätte auswähle, um dort meine Zeit zu verbringen und das zuvor von mir erwirtschaftete Zahlungsmittel investiere, dann will ich es zelebrieren und mit Freude tun.

Und ich mag es nicht, wenn das Personal oder die Besitzer dem potentiellen Gast eine gewisse Gnade suggerieren, einen Platz für sie zur Verfügung zu stellen. Das ist es definitiv nicht.
Es ist ein Geben und Nehmen auf gleichem Niveau.
Ich nenne es gegenseitige Wertschätzung.

Welche Erfahrungen hast Du gemacht? Gerne darfst Du im Kommentarfeld ein paar Zeilen hinterlassen.

Und falls Du es noch nicht getan hast: Du kannst ganz unkompliziert mit Deiner E-Mailadresse meinen Blog abonnieren. So werde ich Dich immer informieren, wenn es einen neuen Beitrag gibt und Du wirst keinen verpassen.

Herzlich,

Eure Petra Kolossa.