Tatsächlich Narrativ!

Als mein Hirn auf dieser neulich von mir beschriebenen Autofahrt spazieren ging, deutete ich es bereits an, dass ich das Wort „Narrativ“ und „tatsächlich“  in einem nächsten Blog zum Thema machen werde. Als es mir heute bereits mehrfach aus dem Morgenradio im Badezimmer in die Ohren kroch und eine interviewte Schauspielerin in ihren Antworten immer wieder mit „tatsächlich“ bestätigte, entschied ich mich dafür, es sofort zu tun.

Vor vier oder fünf Jahren fiel mir das Wort „Narrativ“ gehäuft in den Medien wie Radio, Zeitungen oder auch in Texten im Internet auf. Meine Vorstellung die ich zu diesem Wort hatte, passte mit den politischen Inhalten nicht so recht zusammen.

„Narrativ“ hatte in meinem Verständnis die Bedeutung, dass etwas ausgeschmückt erzählt wird, also eher theatralisch interpretiert wird. Und in meiner Vorstellung sah ich einen Narr, dessen Aufgabe es früher, ganz viel früher, war, Geschichten mit einem Augenzwinkern glaubhaft weiterzuerzählen. Und das funktionierte sogar. Wie eine stille Post verbreiteten sich diese mit kleinen individuellen Abweichungen, also dem Weglassen oder Hinzufügen von klitzekleinen Dingen und wurden so zu einem Narrativ.

Wenn Eltern den Kindern Geschichten zum Beispiel von der Zahnfee erzählen, um ihnen die Bedeutung der Zahnpflege deutlich zu machen, benutzen sie ganz bewusst und zielgerichtet ein Narrativ, indem sie es ihnen ausgeschmückt, spielerisch erzählen und mit einem diversen Wahrheitsgehalt füllen. Ein anderes Beispiel ist die Geschichte vom Weihnachtsmann, um ihnen die Bedeutung von Disziplin einzutrichtern. Nun, das alles funktioniert solange, bis das Kind erwacht, reif genug ist und diese erzieherische Story erkennt, um es selbst eines Tages als Narrativ bei den eigenen Kindern zu benutzen.

Vor etwa dreißig Jahren erlebte ich ein ähnliches Phänomen mit dem Wort Innovation. Das ist ein derart schwammiges Wort, das nichts genaues Endgültiges definiert. Eigentlich ist es ein Wort, das aussagt, dass es etwas zu erneuern gibt, also auf dem Weg zum Ergebnis, zum Ziel. Es wurde jedoch überall benutzt, wo es irgendwie etwas zu erneuern gab oder erneuert wurde. Es klang toll und war aus der Medienlandschaft nicht mehr wegzudenken. Inzwischen ist diesses Wort für uns ein selbstverständlicher Wortschatz geworden und wir lernten, beim Zuhören oder Lesen, es entsprechend einzuordenen.

Mit dem Wort „Narrativ“ bin ich mir nicht sicher, ob es in dieser Selbstverständlichkeit Bestand haben wird.

Gern würde ich auf der Straße spontan Menschen fragen, was sie unter dem Begriff „Narrativ“ verstehen. Jeder hört oder liest es täglich mehrfach.

Wenn uns in den Medien gesagt wird, dass das Narrativ der Partei XYZ, des Ministeriums und anderer Einrichtungen dieses und jenes sei,  stehen mir die Haare zu Berge. Es wird uns damit gesagt, dass diese Institutionen uns ganz bewusst, zielgerichtet und suggestiv eine emotional aufbereitete Geschichte erzählen, um uns entsprechend zu orientieren. Wir hören es täglich, glauben vielleicht, es zu ignorieren, speichern es dennoch unbewusst in unserem Unterbewusstsein ab. Das Verrückte ist, dass wir darauf hingewiesen werden, dass es ein Narrativ ist. Leider nehmen viele von uns das, was um sie herum geschieht in der Flut von Informationen  nur noch flüchtig und nebenbei wahr.

Das ist tatsächlich so. Ein anderes Wort, das auffällig häufig in aller Munde seit einiger Zeit Verwendung findet. Ich nahm an einer Onlineveranstaltung teil. Zwei junge Frauen präsentierten ein Produkt. Sinngemäß wie folgt:

„Es hat tatsächlich unwahrscheinlich hohe wirksame Eigenschaften. Lisa, welche Erfahrungen hast du sammeln können?“

„Meine Erfahrungen sind tatsächlich überraschend …“

„Wow … damit ist uns ein tatsächlich wirklich gutes Produkt gelungen …“, und so weiter und so weiter.

Ich konnte mich kaum noch auf den Inhalt konzentrieren. Das inflationäre Verwenden dieses Wortes ist täglich zu hören. Es macht auch keinen Bogen um erfahrene Schauspielerinnen, wenn sie im Radio interviewt werden, wie ich es heute am Morgen hören konnte. Es ist ein Phänomen, wie ist es nur möglich, dass immer wieder Worte oder Redewendungen es schaffen, temporär von so vielen Menschen zur gleichen Zeit verwendet zu werden. Das muss ich unbedingt einmal recherchieren.

Die Sonne scheint voller Kraft in mein Atelier. Der Oktober verabschiedet sich  tatsächlich mit einem fantastisch schönen warmen goldenen Tag.

Wir haben Halloween, Samhainfest, Rübengeistern, Traulicht oder wie Ihr auch immer dazu sagt. Genießt den sonnigen Tag und die geheimnisvolle Nacht ☀️🍂🍁🌙🎃

Herzlich, Eure Petra Kolossa.

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2 Gedanken zu “Tatsächlich Narrativ!

  1. Danke für diesen Beitrag. Bin schon sehr auf Deine Recherchen zu diesem Thema gespannt.
    Liebe Grüße

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