Scheinbar bedeutungslos

Als ich am zeitigen Morgen auf die im Nebel gebettete Terrasse und den kleinen Garten schaute, musste ich lächeln. Unglaublich. Eine Spinnenwebe spannte sich diagonal. Ich bin nicht gut im Schätzen, aber ich denke, dass das Tierchen heute in der Nacht eine harte Arbeit eines hauchdünnen kunstvollen Fadens von etwa acht bis zehn Metern hinlegte.

Für den Altweibersommer ist es eigentlich noch zu zeitig. Damit ist erst Ende September, Anfang Oktober zu rechnen. Jedoch, es fühlt sich so an.

Ich schlüpfe in die Schuhe und gehe nach draußen. Es ist kurz nach halb acht und es sind bereits fünfzehn Grad. “Ungewöhnlich mild”, denke ich.

Vor dem Haus wachsen noch einige Sonnenblumen. Bevor der Sturm unseren Blasenbaum umlegte, war dieser auch Futterplatz für die Vögel. Die heruntergefallenen Sonnenblumenkerne keimten und erfreuen uns nun noch im Spätsommer.

Dieser Nebel macht ein besonderes Licht. Ich mag es, wie das Gelb dieser Blüten reflektiert wird. Das sind Momente, wo ich mir wünsche, etwas mehr von der Fotografie zu verstehen. Leider kann ich nur deletantische Aufnahmen machen. In meinen Bildern versuche ich immer meine emotionalen Stimmungen aufzunehmen. 

Es sind immer die kleinen und unscheinbaren Dinge, die aneinandergereiht unserem Tag die Würze geben. Oftmals glauben wir, dass nichts geschehe. Doch sind es so viele Momente, denen wir im Augenblick keine Bedeutung beimessen, die erst etwas später aus unserem Unterbewusstsein anklopfen.

Gestern Abend traf ich mich mit meinem Künstlerkollegen Heiko Holdenried in der “Scheune” in Wilhelmsdorf. Es ist ein Kulturverein, der unglaublich viele kleine Veranstaltungen in der alten Scheune organisiert. Und das bereits seit vierzig Jahren.  Mit unserer Künstlergruppe “seeArt” werden wir dort im Frühjahr im kommenden Jahr eine achtwöchige Ausstellung haben. Es war also nur ein erstes Gespräch zu diesem Thema.

Als wir auf unseren Gesprächspartner warteten, hielt ich diesen Moment im Bild fest. Ein sonniger Herbstabend. Schön und postiv. Es kann also nur gut werden, was wir hier bereits für das kommende Jahr planen.

Am Mittwoch fuhr ich von Überlingen nach Hause und dachte mir, auf dem Weg meinen kleinen Einkauf zu erledigen. Also bog ich fix zum Discounter ab.

Bereits als ich in den Markt ging, bemerkte ich eine hübsch gezeichnete Katze, die sich auf den warmen Steinen des Gehweges kuschelte. Ich sprach sie an. Mich schauten ungewöhnlich schöne, große Augen an. Ich dachte mir nichts dabei und ging in den Laden hinein.

Als ich mit meinem Einkauf fertig war, lag sie noch immer an der gleichen Stelle. Ich sagte nur: “Na Süße. Du geniesst die Sonne. Das machst du richtig.”, und ging zu meinem Auto.

Als ich einsteigen wollte, sah ich, wie eine Frau bei der Katze stehenblieb. Sie nahm aus ihrem Einkaufswagen ein Päckchen Katzenfutter und öffnete diese Schachtel. Die Katze war sofort auf ihren Pfoten und lauerte voller Erwartung auf ihre Mahlzeit. Ich schloss die Autotür und ging zu ihr.

Die Katze stürzte sich gierig auf das Futter. Es war eine Pastete, die sie schlecht aufnehmen konnte. Ich fand ein Stöckchen und gab es der Frau, damit sie das Futter lockern konnte. Die Katze schlang den Inhalt in sich hinein. Als sie fertig war suchte sie nach weiterem Futter. Sie war sichtlich noch nicht satt. Die Frau ging an ihren Einkaufswagen und holte ein zweites Päckchen. Es war das gleiche. Die Katze stürzte sich darauf und verschlang es.

Ich unterhielt mich mit ihr. Sie erzählte mir, dass sie aus der Türkei solche Situationen kenne. Sie spüre es genau, wenn eine Katze auf der Straße lebe. Hier in Deutschland sei es nicht so offensichtlich. Sie fragte mich, ob ich die Katze kenne. Ich musste verneinen. Denn ich komme nur aller paar Monate hierher zum einkaufen. Sie habe diese Katze in den letzten Wochen drei oder vier mal gesehen. Sie glaube, sie lebe in den Baracken der Betriebe des Industriegebietes. Sie selbst habe zwei Katzen, Mutter und Sohn. Sie musste lächeln, als sie sagte, dass die beiden immer im Streit seien. Nun, und jetzt habe sie das Futter der beiden verschenkt. Sie wolle die Katze beobachten. Wenn der Winter komme und sie streunere noch immer hier herum, überlege sie, sich dieser anzunehmen.

Ich fragte sie, ob ich ein paar Fotos machen dürfe. Sie erlaubte es mir.

Es waren nur wenige Minuten, unscheinbar, mit so viel Wärme. Das sind Augenblicke unseres menschlichen Lebens, das Miteinander, unsere Verbundenheit, wenn wir es zulassen.

Vor einigen Monaten las ich darüber, wie wir Gemüse ein zweites oder weiteres Leben schenken können, wir dieses also über eine längere Zeit für uns nutzen können. Ich mache das gern mit dem Lauch, oder Porree.

Wenn ich diese Wurzelenden übrig habe, versäubere ich sie nur, gebe diese in ein wenig Wasser und schon nach kurzer Zeit, etwa in zwei bis drei Tagen, sprießt das Grün frisch. Ich empfehle, das Wasser täglich zu wechseln und die Wurzelenden abzuspülen. Es ist wirklich sehr lecker.

Das Bild bringt mich zurück in meinen nebeligen Morgen.

Ich nahm Euch heute mit in eine Aufreihung scheinbarer  Bedeutungslosigkeiten.

Wenn wir genauer hinschauen, ist unser Leben prall gefüllt. Wir haben oftmals verlernt, das zu sehen, wahrzunehmen und uns bewusst zu machen.

Wenn Du Deinen Tag oder Deine letzten Tage reflektierst,  woran denkst Du dabei? Was kommt Dir in den Sinn? Welche “bedeutungslosen Dinge” bekommen jetzt Deine Aufmerksamkeit? Schreibe es einfach in das Kommentarfeld 🙂

Für heute genug 😀

Herzlich, Eure Petra Kolossa.

Spätsommer

Welche Jahreszeit magst du am liebsten? Warum?

In einigen meiner Blogbeiträge schrieb ich bereits von meinem Lieblingsmonat September. Meteorologisch betrachtet ist es bereits Herbst, jahreszeitlich gesehen eher noch Sommer, bald in den Herbst gehend. Ich mag also definitiv den Spätsommer.

Die Temperaturen sind moderat, die Tage werden kürzer und geben uns etwas Ruhe. Es sind die Vorboten der kommenden gemütlicheren Jahreszeiten. Der Boden ist noch warm. Die Natur schenkt uns ihre Früchte und beginnt selbst herunterzufahren, in Pause zu gehen.

Unsere Vorvorvorfahren lebten in und mit diesem Rhythmus der Jahreszeiten. Die intensivsten waren der Frühling und der Sommer. Vollgestopft mit Aktivitäten vom frühen Morgen bis die Sonne am Horizont verschwand. Im September war die meiste

Arbeit erledigt. Die Erträge stapelten sich ich in den Vorratskammern und die ruhigere Zeit konnte beginnen.

Auch heute noch ist es in der Landwirtschaft gerade im Frühling und Sommer ähnlich. Natürlich moderner und komfortabler, jedoch genauso aktiv. Ich lebe in einer Region des Obstanbaus, nahe am Bodensee. Ich erlebe dieses Tun bis in die späte Nacht hautnah. Und so manches Mal habe ich mir so gedacht: “Wer hat nur den Unfug ‘Ulaub auf dem Bauernhof’ erfunden?” Welch eine Illussion wird damit entfacht? Tiere streicheln, frische Landluft und Ruhe? Urlaub im Sommer auf dem Bauernhof heißt, Motorenlärm, Dieselgestank, Staub, Dreck, Erntezeit, Verarbeitung und so weiter. Wenn Du “Urlaub auf dem Bauernhof” ausprobieren möchtest, so denke ich, doch eher im Spätherbst und Winter. Aber vielleicht willst Du das alles einmal richtig komplett im Sommer erleben, so möchte ich Dich natürlich nicht aufhalten, das zu tun. Aber ich denke, dass dieses “Uraub auf dem Bauernhof” eine explizit dafür geschaffene, sympathische Erholungsform auf dem Lande ist und dass Dich ganz sicher nicht die von mir oben beschriebene reale Form erwarten wird 😉

Ich sitze gerade auf dem Balkon, bei angenehmen dreiundzwanzig Grad, leichtem Wind, wenigen Wölkchen am Himmel und viel Sonne.

Seit langem ist es ein ruhiger Tag, ohne Baulärm, ohne hektischem landwirtschaftlichen Verkehr, ohne den Übereifrigen mit Kärcher, Rasenmäher, Säge und ähnlichem Gerät hantierenden. Ich genieße diese Ruhe, und das mitten in der Woche. Herrlich!

Einen sonnigen Spätfrühlingstag wünscht Euch,

Eure Petra Kolossa.