Manchmal muss es einfach raus

Heute verbrachte ich am Nachmittag temporär immer wieder Phasen im Auto. Zeiten, in denen sich irgendwelche Radiosender mit schrecklicher Musikauswahl, entsprechend der regionalen Sendefähigkeit zuschalteten. Es war mir heute egal, da ich sowieso bald wieder parken werde, um Termine wahrzunehmen. Also möge es tun, was es will, dachte ich. Ich dachte das solange, bis ich die Nachrichten serviert bekam. Einmal, in einer halben Stunde wieder und mich überkam das Gefühl, als warte dieses Radio nur solange, bis ich wieder einsteige, um mir wiederum diese Informationen um die Ohren zu hauen.

Der Kampf der Bewerber um eines der wichtigsten Ämter unseres Landes. Der eine verstrickt im dicksten Finanzsumpf, aber es scheint keinen zu stören. Und dieser tut so, als gäbe es keine äußerst fragwürdigen Umtriebe seinerseits und hätte zu gern dieses Amt inne.  Der andere wird blasser und blasser. Auch das scheint keinen zu stören.

Ein Mann fühlte sich in einer Tankstelle von einem anderen verbal angegriffen, weil er von ihm verlangte, eine Maske zu tragen und erschoss diesen kurzerhand. So konnte ich hören. Diese Tat ist wahnsinnig tragisch und unakzeptabel, ohne Frage. Und es sind selbstverständlich Konsequenzen zu ziehen. Dringend.

Die Bewerberin auf dieses wichtige Amt unseres Landes schlussfolgerte laut daraus, den Querdenkern müsse nun endgültig der Kampf angesagt werden. Auf den Unterschied von „Querdenker“ und „Querulanten“ will ich hier nicht weiter eingehen. Schon das Verbiegen dieses Wortes entbehrt jeglicher Grundlage. Jedoch: Ein einzelner Mensch begeht eine  Straftat unter irgendeinem Vorwand und die Frau Kandidatin schlussfolgert für eine riesengroße Gruppe von Menschen. In unserem Land gab es in der Vergangenheit mehrfach derartige Vorfälle. Es wurden gar Politiker angegriffen, getötet und verletzt. Einer sitzt bis heute im Rollstuhl. Jedoch wurde niemals von einem Täter, also von einer einzelnen Person mit einer irren, kranken Vision auf eine Gruppe von vielen Menschen gespiegelt. Welch ein Kleingeist steckt in dieser Frau. Aber es stört keinen.

Vor nicht allzulanger Zeit war ich in einem Supermarkt einkaufen. Dort gibt es drei Kassen. Ein Mann betritt den Markt. Eine der Kassiererinnen bittet diesen sehr höflich, einen Einkaufswagen zu nehmen, bevor er den Markt betritt. Der rastet aus und brüllt die Mitarbeiterin in deutlich gebrochenem Deutsch an: „Du Nazi! Du Nazi, Nazi!“  Er begann laut zu lachen, machte eine Geste mit seinen Fingern und betrat den Laden ohne Einkaufswagen. Keiner der vielen Leute in diesem Markt, kein Mann, niemannd sagte einen einzigen Ton zu dieser Situation. Alle! ließen diesen Menschen gewähren. Warum? Weil alle Angst haben, in einen Topf geschmissen zu werden. Mir steht es nicht zu, zu sagen, dass dieser Mann wahrscheinlich einen Migrationshintergrund hat und den Eindruck hinterließ, aus dem arabischen Raum zu stammen. Denn mit dieser Äußerung werde ich als  ausländerfeindlich abgestempelt. Was ich absolut nicht bin. Aber diese Kanzlerkandidatin tut es pauschal. Sie schmeißt einen FDP-Politiker, der von den Thüringern gewählt wurde in einen Topf der Nazis. Sie stellt alle die, die anders denken als das, was ihr Non plus Ultra ist, unter Generalverdacht, nennt diese Querdenker, die zu bekämpfen seien. Es ist eigentlich ganz simpel geworden in unserem Land. Hier sind die, die aus Angst das tun, was angesagt ist. Angst vor beschriebenen und heraufbeschworenen Szenarien, Angst vor Ausgrenzung, Angst vor Bestrafung, Angst vor Beschneidung der geglaubten Freiheit. Nun, und da sind die anderen, die hinterfragen und nicht bereit sind, die mit Honig beschmierte Kröte zu schlucken. Und damit es alle in diesem Land auch wirklich verstehen, nennen wir diese andere Gruppe mal Querdenker. Und wenn wir das den ganzen Tag in den Medien hoch und runter reiten, ist doch alles klar. Diese Menschen gehören nicht mehr zu dieser Gesellschaft, sind unsolidarisch. Es gibt Politiker die das gar öffentlich äußern dürfen. Das Beste sei, diese Menschen in einer separaten Stadt einzusperren, also zu internieren. So seien sie unter sich.  Aber auch das interessiert keinen. Wenn einer etwas dazu sagen würde, würde er sich als Querdenker outen. Das will ja schließlich keiner sein.

Zwischen den Nachrichten hörte ich einen Teil eines Interviews mit einem mexikanischen Mann, der sich selbst als Migrant bezeichnete. Der sagte, dass er niemals die deutsche Staatsangehörigkeit annehmen würde. Er sei als Migrant in einer besonders glücklichen Situation. Er müsse überhaupt nichts. Er meinte er könne eklektisch handeln und leben. Er nehme sich aus verschiedenen Nationen das, was zu ihm passe und baue sich sein Leben. Es sei eine priviligierte Situation in diesem Land.

Ich schaltete das Radio aus.

In der Regel höre ich ein einziges Mal am Tag die Nachrichten. Tue ich es mehrmals, scheint mein Kopf zu explodieren. Ich gehöre zu den Menschen, die zuhören und das Gesagte verdauen. Und ich frage mich, wie das die Menschen aushalten, die Tag für Tag von früh bis spät sich das Fernsehen und Radio antun. Wie sehr müssen diese Menschen abstumpfen.

Unser öffentlich rechtliches gebührenfinanziertes Fernsehen und Radio unterliegt einem Bildungsauftrag. Jeder Zuschauer und Zuhörer unterwirft sich freiwillig der täglichen politischen Bildung (und Formung), ganz nach dem Sinne der jeweils aktuell regierenden politischen Strömung. Ob das wirklich jedem von uns bewusst ist?

Heute habe ich nur mal laut gedacht. Vielleicht für den einen zu laut, für den anderen nicht laut genug …

Es gibt Tage, an denen es schwerfällt, alles in sich hineinzufressen und die Klappe zu halten. Also scheue Dich nicht, und schreibe auch Du gern Deine Meinung unten in die Kommentare.

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… ist schon bissle zum Haareraufen.

Herzlich, Eure Petra Kolossa.

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