Das ideale Zuhause oder Kompromiss?

Wie sieht dein ideales Zuhause aus?

Lebst Du in Deinem idealen Zuhause? Ich meine damit Dein physisches Umfeld. Ich spreche nicht von den Menschen, die Dich umgeben. Betrachte Dein Zuhause und überlege, ob es Dein ideales Zuhause ist.

Für mich muss ich feststellen, dass mein Zuhause bis zum heutigen Tag immer irgendwie ein Kompromiss war und ist.

Lebt man in einer Partnerschaft, einer Wohngemeinschaft oder sonstiger gemeinschaftlicher Konstellation mit anderen, ist es wahrscheinlich meistens so, dass das Zuhause ein Mischmasch verschiedener Stile ist. So ist meine Erfahrung.

Dann gibt es die Partnerschaften, in denen einer der beiden das Gestalten des Zuhauses vertrauensvoll in die Hände des anderen legt. Aus Bequemlichkeit, aus eigener Stilunsicherheit, vielleicht auch, um dem anderen einen Gefallen zu tun, sich austoben zu können.

Besonders schwierig ist es, wenn zwei gestandene Haushalte zu einem zusammengefügt werden sollen. Vermittelt zu Beginn die euphorische Liebe und das große Verständnis füreinander, werden sicher so einige Dinge und Stilbrüche in späterer Zeit schlichtend taktvoll ausgebügelt werden müssen.

Die schlechteste Voraussitzung für ein ideales Zuhause ist aus meiner Sicht, wenn in einer Partnerschaft einer der Zwei in die Wohnung des anderen zieht. Ich denke, dann können wir nicht von Kompromissen, sondern von Toleranz und Akzeptanz sprechen. Meistens wird das wahrscheinlich immer das Zuhause des anderen bleiben.

Ein großer Kompromiss vor vielen, vielen Jahren war eine Wohnungseinrichtung in “Eiche rustikal” und einem großen Sofa in dunklem Beige. Ich hasse beige! Keine Farbe ist langweililger, als beige. Ich mag keine Möbel in Eiche, schon gar nicht rutikal. Ein zweites Beispiel ist, als ich in eine Wohnung gezogen bin, die sehr niedrige Decken hatte und die Zimmer viel zu klein waren. Hinzu kam, dass die Decken und teilweise auch die Wände mit Holz, vertäfelt waren, was dem Ganzen noch mehr Raum nahm und damit dunkel wirkte. Die Möbel waren aus Weichholz, Kiefer oder so. Das alles gab mir ein dumpfes Gefühl. Ich fühlte mich eingeengt, oftmals traurig und ausgesaugt. Ich dachte später noch oft über diese Situation nach und ich denke, dass das unter anderem der Grund war, weshalb die Bewohner dieses Hauses lieber die Zeit im Garten, der Werkstatt oder sonstwo draußen im Freien verbrachten.

Ein nicht unerheblicher Aspekt für ein ideales Zuhause ist die finanzielle Seite. Also dem, wie man es gern hätte und dem, was das eigene Budget hergibt. Auch hier geht man höchstwahrscheinlich oft Kompromisse ein.

Heute lebe ich mit Kompromissen, mit denen ich gut umgehen kann. Es sind also echte Kompromisse. Nur Menschen mit großem Feingespür bemerken das. Denn es ist recht gut gelungen. Da bin ich mir sicher.

Habe ich früher immer wieder gern mein Wohnumfeld umgestaltet, Möbel verrückt, Wände farbig gestrichen, mit kleinen Arrangements Blickfänge geschaffen und somit für Lebendigkeit gesorgt, tue ich das heute nicht mehr. Ein Kompromiss, mit dem ich glaube leben zu können. Es gibt Menschen, die Veränderungen ablehnen, die ihr Gleichmaß im Wohnumfeld brauchen. Menschen, die Gegenstände über Jahrzehnte am gleichen Platz stehen haben, die dann nervös werden, wenn das plötzlich nicht mehr der Fall ist. Ich wiederum gehöre zu denen, die keine Lust haben, sich Veränderungen begründend zu erkämpfen. Das nimmt mir die Freude am Tun. Also lasse ich das und beschränke mich in kleinem Stil zum Beispiel auf mein Atelier bzw. Arbeitszimmer.

Mein ideales Zuhause dominiert mit weißen, hellen, kühlen Naturtönen und dunklem Pendant. Ich mag ein Zwischending aus klaren leichten Formen. Etwas nordisch, etwas Landhaus. Ich mag große. luftige, offene Räume, viel Licht, große Fenster, leichte Stores. Ich mag ungeschliffenes Glas. Immer wenn ich graviertes Glas sehe, mag es noch so künstlerisch gemacht sein, habe ich das Gefühl, dass die Oberfläche verletzt wurde. Streiche ich mit meinen Händen über ein solches Glas, habe ich das Bedürfnis, es zu reparieren. Hmm, das nur so am Rande. – Ich mag kühle Metalle, wie Edelstahl, Silber und ähnliche. Ich bevorzuge Wohnungen ebenerdig mit einer großen Terrasse. Ich mag frische Blumen in klaren einfachen Vasen, moderne wechselnde Dekorationen und knallbunte künstlerische Akzente. Ganz wichtig ist, dass in der Nähe meines Zuhauses Wasser ist, auch wenn es nur ein kleiner Bach ist. Es muss ein Gewässer sein, dass immer lebt und in keiner Jahreszeit auszutrockenen droht oder gar versickert.

Im Februar 1998 kaufte ich mir eine Zeitschrift von “Schöner wohnen” zum Thema “weiß & natur”. Diese habe ich bis heute aufgehoben. Fünfundzwanzig Jahre schleppe ich diese Zeitschrift mit mir herum. Ich glaube, ich klammere mich ein wenig an einen kleinen Traum, den ich nicht beiseite legen mag.

Heute habe ich nur schnell ein Foto von dem Platz gemacht, an dem ich diesen Beitrag schreibe. Es ist die Blickrichtung von meinem Arbeitsplatz in Richtung des großen Fensters. Durch das Fenster linker Hand fällt die spätsommerliche Mittagssonne. Welch herrliches Wetter!

Wie sieht Dein ideales Zuhause aus? Schreibe es einfach ins Kommentarfeld. Ich bin ganz neugierig.

Herzlich, Eure Petra Kolossa.

Dem Pfad der Sonne folgen

Ich möchte euch heute eine Geschichte erzählen. Eine ganz alltägliche, kleine Geschichte, die eigentlich keine große Aufmerksamkeit wert ist.

Bei dem tollen Wetter heute machte ich eine kleine Tour durch die Natur. Ich beschloss, dem Pfad der Sonne zu folgen, ich ging einfach immer in ihre Richtung.
So lief ich über Wiesen und weite Felder, mit meinen Hunden, denen ich ihre Wildheit ließ. Die ich nicht zu Menschen erzogen hatte. Die mich zu einem Wolf erzogen haben.

Ich durchquerte Obstanlagen und Hopfengärten immer in Richtung der Sonne und erreichte schließlich einen Wald. Entlang der Wege begegneten mir gestresste Menschen, die mit roten Gesichtern und Skistöcken durch den Wald hetzten. Es sah ein bisschen so aus, als wären sie auf der Flucht vor ihren Uhren, die sie am Handgelenk trugen und die sie zu jagen schienen.

Doch dann schien die Sonne durch hohe Tannen und wies mir den Weg in den dichten Wald. Hier gab es keine Menschen und keine Hektik mehr. Es ging nur noch darum, leise zu sein und zuzuhören.

Foto: Willy Holger Wagner

Zahllose Schmetterlinge flogen zwischen den Bäumen umher, als der Wald wieder lichter wurde. Ich glaubte, ihre Flügelschläge zu hören und sie setzten sich fast auf meine Nase. Das Zwitschern der Vögel war Musik in meinen Ohren, von irgendwoher lachte mich ein Grünspecht aus (der Ruf des Grünspechts klingt ein bisschen wie lautes Lachen ), wahrscheinlich, weil ich nicht fliegen kann. Ich fand sogar ein vierblättriges Kleeblatt und nahm es nicht mit. Es reicht, dass ich es gesehen habe, denn es ist allein der Glaube, der uns dem Glück zugänglich macht.

Auf einmal schien ich die Aura der Bäume zu sehen und ich konnte die Sphären, die unsere sichtbare Welt umgeben, zumindest erahnen. Der ewige Kreis von Werden und Vergehen war hier normal und alltäglich und hatte nichts von dem Schrecken, den die Menschen ihm anhaften. So ging ich weiter meinen Weg, immer geleitet von der Sonne. Als ich den endlos scheinenden Wald durchquert hatte, bot sich mir ein atemberaubender Blick über das weite Argental, den Bodensee und dahinter die Alpenkette.

Wieder über Wiesen und Felder machte ich mich auf den Heimweg und war tief in Gedanken versunken.
Wie anfangs erwähnt, eine alltägliche Geschichte, ein Waldspaziergang, weiter nichts.
Und doch war mir klar, dass das, was ich heute erlebt habe, dem größten Teil der Menschheit verborgen bleibt. Wie sonst ließe sich der respektlose Umgang mit der Natur erklären?

Ich dachte darüber nach, wie es mit der Erde weiter gehen sollte. Ist es erstrebenswert, in einer Welt zu leben, in der man sich sogar nach der schmerzhaften Erfahrung eines Bienenstichs sehnt, weil diese einem zeigt, dass irgendwo noch ein bisschen Leben ist?
Weil sie einem zeigt, dass man selbst noch lebt? Sollen unsere Kinder nicht mehr wissen, wie schön Schmetterlinge sind oder wie der Gesang von Vögeln klingt?

Wir müssen auf die Erde aufpassen, denn dann passt sie auch auf uns auf und lässt uns leben.
Und wenn wir dabei auch nicht an künftige Generationen denken, so weiß keiner von uns, woher er einst kam und wohin er einmal geht.
Wer garantiert uns denn, dass wir die Erde nicht mehr brauchen, wenn wir dereinst in ihrem Schosse ruhn?

Herzliche Grüße, Euer Alfons

Zerrissen

Von mir unbemerkt stand sie neben meinem Auto. Sie war auf einmal da.
Ein leises Lächeln, den Kopf gebettet in den hochgezogenen Schultern.
In den Taschen ihrer Latzhose die Hände tief vergraben schaute sie mich an.

Ich drehte den Zündschlüssel nach links und stieg aus.

Sie sprach mich sofort an: “Was ist das für Kunst, die du machst?”  Mit einer Kopfbewegung wies sie auf das Heck meines Autos. “Ich hab’ das gelesen und ich dachte, ich frag einfach mal.”
Ich sagte es ihr und spürte, sie war irgendwie interessiert, jedoch mit ihren Gedanken nicht bei meinen Worten.
Sie schwieg. Ihr Blick wanderte über den großen Dreiseitenhof auf der anderen Straßenseite.

“Ich bin Kirchenmalerin und Restauratorin. Mache aber schon lange nichts mehr. Als Bäuerin hast du keine Zeit für sowas. Kannst ja davon nicht leben. Brauchst einen Mann, der alles bezahlen kann”, sinnierte sie und versackte in ihren Gedanken.

Ausdruckslos schaute sie auf ihr Bauernhaus, holte tief Luft und zeigte mit ausladender Bewegung auf die rechte Tür des Hauses.
“Das habe ich gemacht! Kunst!”, kam es zynisch, “die Tür rot gestrichen!”
Sie schaute mich herausfordernd an.

“Du musst wissen, das war die Tür meines Schwiegervaters. Wir haben uns nie gut verstanden. Er hasste meine rot gestrichenen Fensterläden.
Erst, als er verdammt alt war und ich irgendwie älter wurde, kamen wir uns näher.
Viel zu spät! Drei Tage vor seinem Tot haben wir beide auf dem Sofa gesessen und über Gott und die Welt gesprochen. Er meinte, er werde bald sterben. Wir haben noch Witze darüber gemacht, dass das noch lange nicht dran sei. Wir tranken einen über den Durst und amüsierten uns, wie es wohl sei, wenn man sich die Radieschen von unten ansehen würde.”

Sie holte tief Luft und ließ diese verzweifelt stöhnend wieder frei.
Der kühle spätherbstliche Abendwind griff sie auf und trug sie fort.

Ihr stumpfer Blick traf mich, als sie sagte:

“Er ist vor nicht einmal zwei Wochen gestorben. Seine Tür habe ich rot gestrichen und
auf sein Grab säte ich Radieschen.”

Fast körperlich spürte ich ihre Zerrissenheit, ihre Wut auf das Vergangene, und die verstrichene Chance der endgültigen Versöhnung.

Bright Red Arched Door in a Stone Wall

 Einen schönen Samstag wünscht Euch, Eure Petra Kolossa.